9. Januar 2012 | Von Stefan Döring | Kategorie: Reviews
Der immer noch nicht abebben wollende Siegeszug politisch links stehender Black Metal Musik im Stile von Wolves in the throne room und deren hippieskes Auftreten, scheint jedoch mittlerweile an seinem Zenit angekommen zu sein. Diverse Trittbrettfahrer und tatsächlich innovative Hoffnungen später, hat man das Gefühl, dass alles gesagt wurde, nichts mehr Neues möglich sei. Was nun folgt sind lediglich weitere Vermischungen bereits bekannter Elemente, teilweise besinnen sich die Musiker noch stärker auf die Traditionen der Vergangenheit. Eine Band, die sowohl Traditionalität als auch Innovation zusammenschreiten ließ, sind seit jeher Panopticon, das Einmann-Projekt des Amerikaners Austin L. Lunn. Leider zu unrecht in unseren Breitengraden viel zu unbekannt, aber eventuell ändert sich das mit dem neuen Album „Social Disservices„.
Insgesamt merkt man den vier überlangen Stücken eine stetige Wandlung an, je nachdem aus welcher Sicht die Texte denn nun geschrieben wurden. Jedes Stück beschreibt den Einblick in das Seelenleben eines Patienten verschiedener psychatrischer Einrichtungen. Dabei wird vor allem auf den stetigen Hospitalimus und die Hoffnungslosigkeit jemals wieder aus diesem Gefängnis, seien es die Psychatriemauern oder der eigene Körper, zu entkommen. Dementsprechend düster und kalt entwickelte sich die Musik Panopticons vom letzten Album „Collapse„, welches noch eher als warm und beinahe freundlich zu bezeichnen war, hin zu „Social Disservices„. Hoffnunsgfrohe Melodien lodern nur selten auf, meist herrschen wabernde Konglomerate aus monotonen Riffs und beängstigend anmutender Keyboardklänge. Der Schmelztiegel wird um das manchmal etwas zu ausufernde Schlagzeugspiel Lunns bereichert, manches Brake ist vielleicht unnötig, zeigt jedoch zu was der Amerikaner an den Instrumenten fähig ist. In Sachen Produktion darf es nun etwas differenzierter sein, wo es zuvor heiß zischte und krachte, wirkt alles nun etwas reduzierter, dennoch roh und naturbelassen.
Wie sich bereits andeutet darf „Social Disservices“ als äußerst emotionale Angelegenheit betrachtet werden, kein Black Metal zum feiern (was der eigentlichen Definition dieser Musik prinzipiell sowieso widerspricht), sondern zum nachdenken und auf sich wirken lassen. Besonders dann, wenn Ruhe einkehrt und absolute Einsamkeit in Form wehmütiger Gitarren erzeugt wird, befindet man sich selbst, wenn nicht in der Seele der Probanden, dann wenigstens für einen Augenblick in deren weiß gekacheltem Zimmer um deren Schicksal ansatzweise zu erahnen. Es soll nicht der Eindruck entstehen, dass die Musik von Panopticon den tatsächlichen Wahnsinn beschreibt, diese wirkt eher wie das herausarbeiten wacher Phasen eines Schizophrenen und die Verzweiflung darüber, dass niemand davon je etwas mitbekommen wird.
Es geht also weit weniger politisch zu als noch zu „Collapse„, worüber ich persönlich jedoch recht froh bin, da gezeigt wird, dass Panopticon vielseitige Themen ansprechen können ohne gleich die Musik komplett umzuwerfen. Da der Zugang zu einem Panopticon-Werk bisher immer etwas Einarbeitung benötigte, werden Kenner der Band sich gleich zu Hause fühlen. Aktuell kann das Album über die Bandcamp-Seite von Flenser Records digital erworben werden, die CD befindet sich noch in der Mache, dürfte aber auch in der nächsten Zeit bestellbar sein. Derweilen können unentschlossene sich auf Bandcamp mit dem Material auseinandersetzen. Als Anspieltipp wäre der schleppende Monolith „Subject“ wohl am geeignetsten, da dieser die niederschmetternde Atmosphäre und das bisherige Schaffen Panopticons nahezu perfekt vereint.
[contentbox headline=“Panopticon – Social disservices“ type=“normal“]
Label:
Bandpage:
Veröffentlichungstermin:
November 2011
Trackliste:
1. Resident
2. Client
3. Subject
4. Patient
[/contentbox]
Gelesen: 242 · heute: 0 · zuletzt: 08.11.2024