21. November 2012 | Von Acromania Intoleranz | Kategorie: Reviews
In letzter Zeit schießen Bands des Post-Black Metal Genres wie Pilze im Herbst aus dem Nährboden vergangener Musiklegenden – und manchem geneigten Hörer fließt in der Eintönigkeit mancher Produktionen schon die Langeweile aus den Ohren. Alles schon einmal gehört, gesehen, erlebt, gefühlt – vieles Klischee. Harakiri for the Sky aus Österreich sind nicht Teil des Einheitsbreis – die beiden Jungs aus Salzburg und Wien sind alles andere als Alltagstrott. Mit ihrem gleichnamigen Debüt bringen sie im Stil von Woods of Desolation, Agalloch und Austere eine zwar nicht ganz so innovative doch angenehme Scheibe auf den übersättigten Markt.
Als erster Part dieser fünfteiligen Aufnahmen bildet „Lungs filled with Water“ ein Kunstwerk in sich, greift einem Zahnrad gleich gleichzeitig auch in andere Songs über. Die Ballance zwischen Individuellem und Kollektivem Klangwerk ist sehr gut spürbar. Die sich wiederholenden Elemente wirken weder langweilig noch einfallslos, sondern halten mit bestimmter Präsenz die Stücke zusammen, sodass ein Gesamterlebnis entsteht, das in vielerlei Hinsicht seinesgleichen sucht.
Rockig-schleppend kriechen die Klänge von „Lungs filled with Water“ bis tief in die blutigen Tiefen, drückendes Gitarrengeshredder mit akzentuierten, abwechselnden Cleanparts lassen die wütenden Magengeschwüre platzen und führen das gewillte Ich bis runter in die Bauten der menschlichen Existenz – und auf einmal ist man ein blondes Gör im Wunderland der Emotionen. Unterstützt wird das ganze Klangessemble, das zwar nicht besonders sauber produziert ist, dafür aber mit Stimmung überzeugt, mit einer intensiv-heiseren Schreistimme, die mit jedem Atemzug die Fassade bröckelnd lässt – zurück bleibt ein gesplittertes Selbst.
„2:19 am, Psychosis“ beginnt mit Cleangitarre und klischeehaftem Regengeplatter im Hintergrund, nervt nicht, da kurz und baut so die Brücke zum Kalaschnikow-artigen Schlagzeuggetrümmer. Dieses Lied erinnert leicht an Mondstille und Agallochs – Not unlike the Waves, wie ich finde. Zum Tragen kommen wieder ausgeklügelte Gitarrenspuren. Mit jedem Riff sinkt man mehr in den Schmerz, den Kummer und geistige Umnachtung, will sich darin verlieren, vergehen. Der Songaufbau bietet viel Abwechslung, mal von typischer DSBM – Manie geprägt, dann wieder Akustikparts, kleine Ruheinseln, bis das Schiff „humaner Geist“ im nächsten Ansturm bestehen muss. Hier gelingt es mit wenig aber effektivem Aufwand Akzente zu setzen, die einem im Gedächtnis bleiben.
Mein persönlicher Favorit dieses Debüt ist „From Yesterday to Ashes“. In diesem Songgetüm spielt zum ersten Mal ein Klavierpart als hügelig-sanfte Einleitung in ein Gebirgsmassiv der Komposition eine Rolle. Die Punktlandung der Melodie und der Übergang in seelisch-mitreißende Gesänge sind wirklich aufregend-gut und emotional-treffend abgestimmt. Die Gitarren bilden eine verzerrte Wand der Unklarheit, die durch punktuell-gesetzte Schlagzeugs- und Gesangspart und Highlights mit sanfteren Klängen angestrichen wurde, sodass ein Kunstwerk der Mannigfaltigkeit auf Seelenfelsen entstehen konnte. „From Yesterday to Ashes“ macht eine gefühlte Berg- und Talfahrt zu einem Erlebnis der Extraklasse und ist meiner Meinung nach der beste Beweis für das Talent von M.S. und J.J.
Harakiri for the Sky bieten, wie gesagt, keine allzu innovative Kost an – doch auf den Geschmack kommt man garantiert. Sie sind keine 08/15 – Vertretung der Post-Black Metal Musikanten, stellen vielmehr ein rohes Korn im musikalischen Depressivbrei dar. Alles in allem ist das gleichnamige Debüt eine wirklich grundsolide Leistung und lässt einem Musikliebhaber schon das Wasser im Mund zusammenlaufen bei dem Gedanken, was aus den beiden noch werden kann. Die Österreicher haben Potential, das sie hoffentlich mit ihrem nächsten Werk noch mehr ausschöpfen werden.
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Label: Art Of Propaganda Productions
Erhältlich als: Harakiri for the sky – Harakiri for the sky (Digi CD) bei Empyre-Music.de
Bandpage: Harakiri for the Sky (Facebook)
Format: CD
Veröffentlichungstermin: 23. Oktober 2012
Trackliste:
1. Lungs Filled With Water
2. 02:19 AM, Psychosis
3. From Yesterday to Ashes
4. Drown in My Nihilism
5. Dancing on Debris
(8/10)
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