15. August 2013 | Von Acromania Intoleranz | Kategorie: Reviews
Als ich erfuhr, dass Ellende ihr erstes Full-Length-Album im August veröffentlichen würden, meldete ich mich sofort freiwillig um das Review zu schreiben. Rückzug in die Innerlichkeit, die erste Veröffentlichung von den Österreichern erschien in 2012 und hat damals für viel zustimmendes Nicken in den Reihen der Metalanhänger gesorgt. So also waren die Erwartungen groß und es stellte sich die Frage, ob Luki es auch auf einem vollständigen Album schaffen würde eine derartig dichte und beeindruckende Atmosphäre aufzubauen.
Allen, die sich den Teaser auf youtube.com angehört haben, sei gesagt, der wird der kompletten Scheibe in keiner Hinsicht gerecht. Er zeigt weder die Gewalt die hinter den Gesamtliedern steckt, noch die Schönheit vieler Passagen. Die Instrumentenvielfalt, die Mischung aus klassisch und elektronisch, die Stimmenvarianz sind dabei nur einige mangelhafte Punkte im Preview.
Vergleichen fällt mir manchmal schwer; wer allerdings unbedingt wissen möchte mit welcher Band sich Ellende in einen Topf werfen lässt, ist wohl mit einer Mischung aus Austere, frühe Dornenreich und thematischen Horn bzw. Licht erlischt… bedient.
Ellende kommt mit 42 Minuten etwas kurz daher. Insgesamt beinhaltet der Silberling sechs Stücke und erscheint in schicker, selbstgezeichneter Digipack-Version zum Ausklappen. Thematisch befasst sich Ellende mit der Heimat, der Natur, Melancholie.
Wind heißt das erste Lied der Scheibe und stellt gleich die ganze Varianz der Musik Ellendes in den Vordergrund. Sanfter Einstieg mit vorherrschender Geige, zarte Gitarrenspur, zurückhaltendes Schlagzeug, um dann in ein gewaltiges Klangmassiv aus gutturalem Gesang, ähnlich Austeres To lay like old Ashes, überzugehen. Der laue Sommerwind streift das verhärmte Gesicht, Blick in die Ferne, weil der Blick ins Innere zu schmerzhaft ist. Dunkle Wolken ziehen auf, werden erst sachte, dann plötzlich mit Wucht vorangetrieben, weil sie selbst so heimatlos sind wie der Hörer selbst, der erschüttert in seinen Grundfesten keinen Halt findet. Das Peitschen schwächt ab, der Blick verdunkelt sich und wird gefangengenommen von Lukis Monolog. Etwas gewöhnungsbedürftig für hochdeutsch-sprechende, aber nicht nervig oder zu unverständlich. Danach werden die Gedanken fortgetragen, sind nicht zu fassen.
Nach Wind kommt Berge und präsentiert sich ähnlich wuchtig und gleichzeitig leicht: Filigrane Schlagzeugspuren heben die schwermütigen Gitarren hervor. Nachdem der Hörer dahinflieht wird ihm eine Gewalt entgegengesetzt; er muss innehalten, muss auf sich selbst und seine Bedürfnisse achten, ist gefangen in melancholischer Tiefe und manischer Höhe. Die schnellen Wechsel im Tempo und die plötzlichen Stimmungswechsel sind zu viel und zu wenig, das Zusammenhalten dessen, was man ist und sein möchte fällt zunehmend schwerer.
Aus der Ferne Teil 1 hat Ähnlichkeit mit Intrauterin von Lantlôs (Agape) und zeigt Einflüsse aus dem Shoegaze-Bereich. Die Höhen und Tiefen verschwimmen, das Herz ist schwermütig, träge und Fragen nach Sinn und Zweck und dem Morgen werden lauter, dringen mit Gewalt und ohne Rücksicht auf Verluste in das Hirn, in die Beine und den Bauch, wie heißes Feuer und kaltes Eis.
In diesem Stil schließt sich Feuer an, das mächtiger, heißer, brennender ist als die anderen Lieder. Es setzt die Venen in Brand, lässt Ruhe verpuffen, fast ätzend fließt es durch den ausgemergelten Leib bis am Ende Ideenfetzen und Asche zurückbleiben.
Insgesamt ist dieses Album zu gefüllt mit unterschiedlichsten Gefühlen, als das man es in bloße Zeilen packen könnte. Es würde diesem Stück Musik nicht gerecht und so belasse ich es hier dabei. Geeignet ist Ellende – Ellende für allerlei Musikgeschmäcker da für alle etwas dabei ist.
Ellende wird den gestellten Erwartungen voll und ganz gerecht und liefert ein wirklich gelungenes Album ab. Anhänger von Rückzug in die Innerlichkeit werden hier eine CD vorfinden, die mit viel Liebe zum Detail gestaltet und eingespielt wurde. Meiner Meinung nach ein Muss in jedem gut sortierten Musikschrank.
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Format: Digipack – CD
Bandpage: Ellende
Veröffentlichungstermin: 25. August 2013
Trackliste:
- Wind
- Berge
- Aus der Ferne Teil 1
- Feuer
- Meer
- Aus der Ferne Teil 2
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