13. April 2013 | Von Tobias G. | Kategorie: Reviews
So mancher Anhänger Summoning’scher Töne dürfte sich in den letzten Monaten geradezu eingenässt haben vor Freude. Zuerst bescheren einem Caladan Brood mit ihrem Debüt-Album einen bemerkenswert ausgereiften Klon, dann geben die Österreicher selbst bekannt dass ihre erste Scheibe nach sieben langen Jahren in den Startlöchern steht und schlussendlich gibt auch das Projekt „Psychomantum“ des ehemaligen Geweih-Tastenmannes Sargath ein Lebenszeichen von sich. Dieser dürfte dem ein oder anderen dank des gelungenen „genius loci“ oder auch dem Tribut an Summoning in Form der „Minas/Morgul“ Split mit Nachtmahr hinreichend bekannt sein. Nur dieses Mal geht es bei dem Heidelberger weder in Richtung Mittelerde, noch wird die regionale Sagenwelt vertont. Die Bezeichnung des neuen Albums als „Ein Requiem“, also als Gottesdienst zu Ehren eines Verstorbenen, lassen bereits vermuten, dass man sich hier auf wesentlich persönlichere Musik einstellen darf.
Eine gewisse „Intimität“ lässt auch die knappe Limitierung der Eigenproduktion vermuten. „Ein Requiem“ kommt in einem liebevoll gestalteten Digi, welches nur 100 mal aufgelegt wurde, und damit direkt eine gewisse Authentizität bezogen auf das sensible Thema des Albums ausstrahlt. Das Heidelberger Projekt greift dabei nämlich das Konzept des klassischen “Requiem” in der Musik auf, wie es z.B. auch schon von Mozart vertont wurde. In seiner Interpretation orientiert sich Sargath dabei weitestgehend an den traditionellen Sätzen eines Requiems, bestehend aus Introitus, Kyrie, Sequenz und Offertum. Das Ganze bezieht sich jetzt aber keinesfalls auf bloße Titel – so wird der oberflächliche Hörer die Musik wohl stumpf mit „Kirchenmusik“ abtun. Aber bevor der gemeine 08/15 Schwarzwurzeltroll jetzt schon die Fackeln und Heugabel rausholt, sollte er dem Werk als ganzen wirklich zunächst eine Chance geben, denn man merkt schon in den ersten Tönen wie viel Hingabe der Mann hier in seine Arbeit gesteckt hat.
So findet sich auf der Scheibe mit Streichern, Orgeln oder Chören alles, was die Synthies an getragener Atmosphäre hergeben. Interessanterweise ohne dass auf dem Album auch nur ein Hauch von Langeweile aufkommt. Wo mir früher in der Kirche regelmäßig die Augenlider schwer wurden, gibt es hier in jedem der acht überlangen Stücke immer wieder Neues zu entdecken. Sei es die bereits angesprochene, vielfältige Instrumentalisierung, die oft zwischen andächtiger Ruhe und beinahe bombastischen Momenten schwankt, oder viele kleine Einspielungen. Dort wären z.B. seltene gesprochene Passagen zu nennen, Glockengeläut oder aber die angenehm ruhige Atmosphäre die das Outro „Zum letzten Geleit“ durch leichtes Wellenrauschen und Rabenkrächzen hervorruft.
Wirklich „too much“ wirkt eigentlich nur das durchgängige Geheule während des vorletzten Titels „Übergang III – Abschied III.“ Bei diesem Stück handelt es sich wohl um ein Cover von Sargath’s früherer Band Geweih, in deren Original ich leider nicht reinhören konnte. Wirklich schmälern kann die schluchzende Dame mir den Spaß am Instrumentalen aber dennoch nicht, denn gerade hier wird am Keyboard vieles wettgemacht. Und es ja nicht so, dass man die gute Frau nicht schon von „genius loci“ in solcher Erinnerung hat. Doch wo ich beim Vorgängeralbum selbst geneigt war die Texte von Burgfräulein und Rittern als zu kitschig zu empfinden, kann ich in diesem Album gänzlich versinken und trotz der allgegenwärtigen sakralen Atmosphäre keinerlei Momente ausmachen die mir zu übertrieben oder gar „schnulzig“ wirken. Im Allgemeinen wäre eine solche Wertung wohl auch sehr pietätlos den Gefühlen gegenüber, die Sargath für die im Booklet genannten Verstorbenen bei der Komposition empfunden haben dürfte. Ich maße mir daher an dieser Stelle keine Bewertung nach „Punkten“ an. „Ein Requiem“ wird nicht jedermann zusagen, soviel ist sicher. Dafür ist die Musik zu speziell, zu wenig darauf ausgelegt für einen Moment zu begeistern. Stattdessen ist das Album ein in sich dichtes Werk, auf das man sich einlassen muss. Ich für meinen Teil war selten von einem Album, dem man grob den Stempel „Ambient“ aufdrücken kann, so begeistert.
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Label: Eigenproduktion
Format: Digi-CD
Veröffentlichungstermin: 25.11.2012
Trackliste:
- Introitus
- Kyrie in drei Teilen
- Übergang I – dem weißen Licht entgegen
- Sequenz in vier Teile – Dies irae
- Übergang II – einst noch von Dauer
- Offertorium
- Übergang III – Abschied III (Geweih Cover)
- Zum letzten Geleit
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