18. Februar 2013 | Von Acromania Intoleranz | Kategorie: Reviews
In dieser Zeit sind viele Köpfe in den Wolken oder im Boden, denn nur die Augen verschließend werden wir zu neuen Biedermeiern. Verfall der Tugenden, der Werte, des Menschen – oder einfache Übersättigung durch Wohlstand und „Glück“?! Sehnsüchtig blickt man dann im stillen Kämmerlein idealisierend in so manches Geschichtsbuch. Stumme Sehnsucht keimt auf, doch stumm bleibt sie; schwelend unter kalter Asche. Es ist also kein Wunder, dass Musik wie die von October Falls mitten ins Herz des denkenden Menschen trifft.
The Plague of a Coming Age ist das dritte Album dieser drei Finnen. Lyrisch-thematisch tummelt man sich laut Internetrecherche im Bereich der Naturbeschreibungen und zählt damit unter Genrefaschisten wohl zum Pagan-Natur-Metal – ist dieser Band aber in kaum einer musikalischen Silbe anzumerken und verglichen mit den sonstigen Fischen im Teich sind sie ohne Übertreibung der goldene Fang.
Eingeleitet werden die insgesamt 50 Minuten durch ein zwar klischeebehaftetes, aber trotzdem zum Gesamtkonzept passendes Musikstück, angereicht mit Ritualtrommel, Windgesang und Glockentönen (At the Edge of an empty Horizon). Langsam aber vehement wird in ein episches Klangkonstrukt aus abwechslungsreichen und akzentuierten Gitarren übergeleitet. Mit voller Wucht treffen dann dieselben Gitarrengewalten auf den Hörer, reißen ihn unter sich und man wird begraben in Woge über Woge aus salzigen Tonarrangements (Bloodlines) ohne einen Hoffnungsschimmer auf Rettung aus eigener Kraft.
In den Tiefen der Seelenmeere Orientierungslos und von einer hysterischen Panik befallen, wird man mit sanft einleitender Gitarre wieder an die Oberfläche geholt, kann durchatmen und sich die tränenden Augen auswischen. Noch bevor man dem Unbekannten Retter danken kann, wird man mit Bassgewalt wieder hinunter gezogen. Dieses Konzept zieht sich durch das ganze Album und ist ein Auf und Ab für die entzündete Seele. Und weil salzige Wunden dann besonders bittersüß schmecken, wenn sie gar serviert sind, fügt sich die kratzig-heisere Stimme klanglich passend in das instrumentale Gefüge ein, ist Balsam und Peitsche zugleich und trägt herausragend zur Atmosphäre bei.
Leise und weniger meergewaltig, eben die Ruhe zwischen den Stürmen, die alte Leute in den Knochen spüren und Tiere in der Luft riechen, treten The Plague of a coming Age und Boiling Heart of the North hervor, mit Cleangesang und sanftem doch massivem Instrumentenkonzept im Hintergrund, Klavierparts und Tränenatmosphäre.
Über gute Musik lässt sich im Allgemeinen streiten und
manchmal wenig schreiben. October Falls schaffen es mit The Plague of a coming Age eine Idee umzusetzen und ein Gefühl zu übermitteln und zu erwecken, die schwer in bloße Worte zu fassen sind. Ein sehr gutes Album und nahezu perfekt. Empfehlung: Kaufen, Kopfhörer geschnappt und auf in die nächste Grünanlage bei Regen und Wind. Herrlich.
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Label: Debemur Morti Productions
Format: Digipack CD und Gatefold 2×12″ LP mit Poster
Bandpage: October Falls – Facebook
Veröffentlichungstermin: 15. März 2013
Trackliste:
- At the Edge Of An Empty Horizon
- Bloodlines
- The Verge of Oblivion
- Snakes of the old World
- The Plague of a coming Age
- Mouth of a Nation’s Harlot
- Boiling Heart of the North
- The Weight of the Fallen
- Below the Soils
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