29. Oktober 2012 | Von Markus Kraus | Kategorie: Reviews
Das Norwegen mehr als Schnee, Kälte und SATYRICON zu bieten hat ist schon lange kein Geheimnis mehr. Dass sie in ihrem Musikalischem Tatendrang und schaffen auch unweigerlich zur Spitze des Eisberges gehören ist ebenso nichts neues. Doch sich immer wieder selbst zu toppen ist inzwischen fast unmöglich geworden so möchte man meinen. Doch dieser Norweger hat französische Wurzeln und zeigt hier mit seinem zweiten Werk was passiert wenn ein Franzose Norwegensluft schnuppert.
Da nahm ich mir einfach nichts Böses Ahnend NETRA an um sofort, nach den ersten Minuten des Hörens, festzustellen das es ziemlich schwer wird dieses Projekt in Worte zu fassen und verständlich zu beschreiben. Mir war solch ein Soundgewand in dieser Konstellation bisher noch nie unter die Ohren gekommen und das macht es beim besten Willen nicht einfacher dieses zu erklären. An Facettenreichtum und Abwechslung ist NETRA mit das Interessanteste was ich bisher zu hören bekam. Alt eingesessene engstirnige BURZUM, DARKTHRONE und MAYHEM-Fans der Kategorie des „true“ sollten hier wohl besser die Finger lassen genau wie die Neuzeit-Mainstream-Metaler. Wer sich hier ran wagt sollte schon definitiv offen für Musik sein. Hier ist es auch nicht einfach einen Anspieltipp zu geben, da sich jedes Lied in seiner Vollkommenheit von den anderen zu sehr Unterscheidet, sodass keines das volle Spektrum wieder gibt. Hier vereinen sich Einflüsse vom Black Metal bis hin zum Trip Hop über Ambiente, Shoegazing und Post-Rock. Eigentlich sollte für jeden etwas dabei sein und wenn es nur einzelne kurze Abschnitte sind. So sehe ich mich gezwungen jeden einzelnen Song kurz durch zugehen um etwas mehr Einsicht in die musikalische Welt NETRA´S zu repräsentieren.
So beginnt der Opener des Albums „A dance with the asphalt“ sehr ruhig und schleppend mit klarem Gesang und ein paar irren Keyboard Klängen. Wer denkt dass es dabei bleibt wird grundlegend enttäuscht. Nach einer kurzen Eingewöhnungsphase entwickelt sich NETRA zum verdammt Rockigen Black´N´Roll mit Sprach Samples und einigen Schreipassagen die womöglich aus der Hölle kommen. Sehr melodisch wird hier am Black Metal festgehalten um einen dann wiederholt mit Keyboard Klängen (die kurzzeitig irgendwie sehr an die ersten TROLLFEST erinnern) auf den Boden der Tatsachen zurückholen.
Auch bei „Crawling“ beginnt alles ziemlich entspannt mit einer Art Sprechgesang und jeder Menge Hall. „Crawling“ ist genau die Art eines Love Songs die auf dieses Album gehört. Das ruhige Grundkonzept wird hier vom Anfang bis zum Schluss fortgeführt und lädt durchgehend zum Träumen ein. „Sørbyen“ ist neben dem Albumtitel das wohl langsamste Stück, erinnert Teils an TENHI und schafft eine wundervolle hypnotische Stimmung. Um dann mit elektronischen Klängen etwas aufgepeppt zu werden, dazu ertönen mächtige Gitarrenwände. Jedoch bleibt bei „Sørbyen“ alles eher verschlafen unauffällig (Was nicht negativ anzumerken ist!). Bei „Sørbyen“ wird allerdings auf Gesangs- und Textpassage komplett verzichtet.
„A kill for a hug“ geht gleich in die vollen und lässt einen auf der Stelle die komplette Breitseite des Black Metal spüren und wird mit einzelnen Keyboardtönen verziert um urplötzlich und abrupt langsamer zu werden. So schnell wie die Ruhe kam, geht sie auch wieder dahin und es wird Gas gegeben. Der wundervolle Kontrast zwischen schnellem Schlagzeugspiel und langsamen Elektronik wie Gitarren Tönen macht es zu einem puren Genus. Gesanglich ist es ähnlich wie bei „crawling“ gehalten. Im letzten Drittel sind auch zur Abwechslung ein paar Streicher zu hören. Das ganze untermalt mit Trip Hop klängen die Lust auf mehr machen.
Der Anfang von „Streetlamb obsession“ erinnert mich an, nicht zuletzt durch den Sprach Sample, stark an das Ende von SHININGS „Claws of Predition“. Auch hier wird man auch wieder in den melodischen bis Ambiente Black Metal hinein geführt. Wobei hier in den ruhigen Abschnitten der Bass ebenfalls wieder sehr an den Bassklang von SHININGS „Halmstadt“ heran reicht. Der depressivste Song auf der Scheibe, auf dem der Gesang auch gegen Sprecheinlagen ausgetauscht wurde. Wo möglich verleiht genau das dem Song die nötige Kälte. Top.
Wassertropfen gleichende Klänge leiten „Emlazh“ ein und beginnt mit dem Ende eines Sprach Dialogs voll aufzugehen und baut sich im Laufe der Zeit immer weiter auf. Bis einem mächtig klingende und alles Niederwalzende Gitarren den Staub aus den Membranen feuern (in etwa vergleichbar mit alten NEGURA BUNGET). Doch nach 05:58min, so scheint es, zieht irgendjemand den Stecker und man wird bedauerlicherweise aus dieser Klangreise gerissen, schade. Dabei hatte man vorher das Gefühl es hätte jemand die Zeit angehalten.
Bei „Wish she could vanish“ so scheint es, kommt einem hier die Musik aus dem Nichts immer näher ans Ohr und man wird wieder mit Gesang verwöhnt. Fast schon hypnotisch gefesselt hört man hier zu bis man kurz vor Schluss nochmal mit Gitarren der härteren Gangart und einem Schrei aus der Trance gerissen wird. Was auch gut ist, da man sonst den Rest des Silberlings verpassen würde. Mit 01:34 min ist „8-mill ill-posed life“ das kürzeste rein Musikalische Werk auf diesem Album und trotzdem weiß es voll und ganz zu überzeugen. Für alle denen es bis hierher zu stressig war finden mit „it´s kicking in“ einen Ruhepol zum Entspannen. Selbst das Geflüster stört hier nicht und trägt nur zur ruhigen Grundstimmung bei. „Concrete ocean“ ist eindeutig das Stichwort für Black Metal. Zumindest nach dem der Anfangspart vorüber ist. Hier wurde das Rad zwar nicht neu Erfunden aber Fans von depressiv Black Metal ala BURZUM, SHINING, P.H.T.O, HYPOTHERMIA und FORGOTTEN TOMB werden hier ihre hellste oder eher schwärzeste Freude haben. Ein niemals Enden dürfender Song …
„Strange bliss at dusk“ lässt vermuten das hier wohl jemand zu oft ULVER´s “Perdition City“ gehört. Was mit ruhiger Gitarre beginnt wandelt sich zum penetrant einhämmernden Bass gewummer. Womöglich Trip Hop der schönsten Sorte der auf Stimmeinlagen komplett verzichten kann. Das leider letzte Stück bildet „I shall slay the Monkeys“. Je doch gilt hier last but not least. So wird hier noch einmal alles gegeben und man arbeitet sich durch die komplette Palette des Könnens. Rasender Black Metal treibt mit gequältem Gesang alles noch einmal zu Hochtouren an als wollte man ein schnelles Ende finden. Es wäre aber nicht NETRA wenn es dabei bleiben würde. Groovig Jazzartig gestaltet sich der Mittlere Teil und lässt „I shall slay the Monkeys“ immer ruhiger werdend Ausklingen. Auch wenn man immer mal wieder das Gefühl vermittelt bekommt es könne noch einmal richtig losgehen.
Alles in allem ist es ein Grandioses Meisterwerk das seines gleichen sucht. Wer offen für neues ist und sich eine Kombination aus u.a. ULVER (The Predition City), DøHEIMSGARD, SHINING, AUTUMNBLAZE und dergleichen vorstellen kann, der sollte hier wirklich mal ein Ohr riskieren und reinhören. Moderne trifft auf old School, mehr kann man hier nicht mehr sagen. Es ist ein neues musikalisches Zeitalter angetreten worden das seines gleichen sucht.
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Label: Hypnotic Dirge Records
Bandpage: http://www.facebook.com/pages/netra/115486751822328 , http://www.myspace.com/emlazh
Veröffentlichungstermin: September 2012
Trackliste:
1. A Dance With The Asphalt
2. Crawling
3. Soerbyen
4. A Kill For A Hug
5. Streetlamp Obsession
6. Emlazh
7. Wish She Could Vanish
8. My Ill-posed Life
9. It’s Kicking In
10. Concrete Ocean
11. Strange Bliss At Dusk
12. I Shall Slay The Monkeys
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